Kampf um den Strom – Umweltökonomin Prof. Dr. Claudia Kemfert in Fulda

Die promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin ist derzeit am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin tätig. Sie ist Inhaberin der Professur für Umweltökonomin an der Humboldt-Universität sowie für Energiewirtschaft und Nachhaltigkeit an der Hertie School of Governance.

Der Auftakt der Veranstaltung war ein gemeinsamer Besuch mit der Landtagsabgeordneten Sabine Waschke bei einer Solargenossenschaft in Flieden mit dem Vorstand der Energiegenossenschaft Winfried Kress.
Anschließend machte Kemfert beim Vortrag „Kampf um Strom“ zu ihrem gleichnamigen Buch im Gasthof Jägerhaus in Fulda-Bronzell ihren Standpunkt zur Energiewende deutlich. Die interessierten Bürger löcherten sie geradezu mit Fragen.

Kemfert machte sich für eine Dezentralisierung stark, die Kommunen sollen durch die Energiewende gestärkt und die Bürger besser eingebunden werden. „Energiewende findet vor Ort statt“, betonte Kemfert. Beispielsweise der Rückkauf von Stromnetzen sei eine sinnvolle Maßnahme für Kommunen.

Ebenfalls räumte sie mit Mythen über die Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) auf. Der EEG-Anteil am Strompreis betrage ca. 19 Prozent. Wenn der Börsenpreis sinke, steige der EEG-Anteil, was jedoch nur den Industriekunden nütze. Bei den Privathaushalten kämen diese preissenkenden Faktoren nicht an. Deshalb fordert Kemfert mehr Transparenz über die Zusammenstellung der Stromkosten. Es könne nicht rechtens sein, dass die Versorger derzeit nur 3,5 Cent pro Kwh bezahlen, der Verbraucher aber 25 Cent.

Die Energiewende müsse ebenfalls bei den Verbrauchern ansetzen. „Wichtig ist auch bei der Energiewende, dass wir lernen, Energieeffizienz zu arbeiten und zu leben“, so Kemfert. Nur Großkunden mit einem Verbrauch über einem Gigawatt werden in die Ausnahmeförderung zugelassen, die Industrie habe also keinen Anreiz, Strom zu sparen.

Kemfert ist weiterhin davon überzeugt, dass die großen Energiekonzerne ihre alten Kraftwerke nicht vom Netz nehmen werden, dies sei nur ein Versuch, erneut Subventionen zu erhalten. Probleme würden durch das Abschalten von Uralt-Kratwerken nicht entstehen, da wir durch die Kohlekraftwerke im Osten und in NRW einen Überschuss an Strom hätten. Dass Strom im Ausland gekauft werde, sei zwar eine häufig genannte Behauptung, die jedoch nicht der Wahrheit entspreche. Zusätzlich gebe es Gaskraftwerke, die beispielsweise nur in der kalten und energieintensiven Jahreszeit ans Netz gingen. Kemfert kritisiert jedoch, dass die Betreiber danach ihren Strom zu einem höheren Preis an der Börse verkaufen.

Abschließend ging sie auf die Investitionen in erneuerbare Energien ein. Lediglich sieben Prozent der Investitionen komme von den großen Energieversorgern, der weitaus größte Teil, ungefähr 40 Prozent, stamme von Privatpersonen und ca. elf Prozent von Landwirten. „Durch die derzeitige unsichere Politik der Regierung halten sich Investoren zurück und fragen: ‚Wollt ihr eigentlich die Energiewende in Deutschland?’“ stellte Kemfert fest.

Ein deutlich positives Fazit zog Landtagsabgeordnete Waschke nach der Veranstaltung: „Wir freuen uns über den Besuch einer so hochrangigen Fachfrau zum Thema Energiewende hier in Fulda. Ich würde mir wünschen, dass sich die Verantwortlichen in unserem Landkreis an die Spitze der Bewegung setzen und offensiv für die Energiewende werben würden. Nur so kann man Bürgerinnen und Bürger mitnehmen und überzeugen“. Kemfert war in der Vergangenheit als Gutachterin und Politikberaterin in verschiedenen Nachhaltigkeitsbeiräten und Kommissionen tätig, sie beriet unter anderem EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Auch Bundestagskandidatin Kömpel zeigte sich begeistert: „Ich habe heute Abend sehr viel gelernt und einige neue Informationen bekommen.

Wir müssen die Bürger in Osthessen mehr einbinden und im Bund dafür sorgen, dass die Energiewende mir der notwendigen Ernsthaftigkeit und nicht nur halbherzig angepackt wird!“.