
Mit Birgit Kömpel (45) betritt ein Neuling die politische Bühne der Region.
Sie tritt für die SPD an, um im Bundestags-Wahlkreis Fulda die Wähler für sich zu gewinnen . Zum Interview bei den KN brachte die Unternehmensberaterin, Hausfrau und Mutter einen Kuchen mit – und äußerte sich zu ihren politischen Vorstellungen.
Frau Kömpel, wie sind Sie zur Politik gekommen?
Das war relativ spät. Seit 2007 bin ich Gemeindevertreterin in Eichenzell.
Vorher war ich in der Hotellerie tätig und habe häufig den Wohnort gewechselt. Ich bin mit 19 von Büchenberg weg und mit 30 zurückgekommen.
Was hat Sie zu diesem Schritt veranlasst?
Ich bin ein Mensch, der sagt: Nicht meckern, sondern etwas dafür tun. Ich hatte das Gefühl, dass mal eine junge Mutter in die Gemeindevertretung gehen sollte. Und die Familienpolitik der Eichenzeller SPD unter dem damaligen Bürgermeister Rudolf Breithecker hat mich begeistert.
War das auch der Grund, weshalb Sie sich für ein Engagement in der SPD entschieden haben?
Die SPD hat mich schon immer überzeugt. Solidarität und Rücksicht auf Schwächere zu nehmen, war bei uns zu Hause ein Teil der Erziehung. Ich bin meinen Eltern sehr dankbar dafür, dass sie uns das mitgegeben haben.
Sie wollen in die Bundespolitik wechseln. Was spricht für diese im Vergleich zur Kommunalpolitik?
Ich habe gemerkt, wie abhängig die Kommunen von den Entscheidungen sind, die im Land oder im Bund getroffen werden. Zudem habe ich beobachtet, wer uns in diesen Parlamenten vertritt: Da sind – unabhängig von der Partei – viele Menschen mit wenig eigener Berufs- und Lebenserfahrung. Ich finde es aber für wichtig, dass in Berlin Leute sind, die wissen, welche Auswirkungen ihre Entscheidungen auf die Menschen haben.
Wurden Sie angesprochen oder haben Sie sich selbst für die Kandidatur ins Gespräch gebracht?
Ich hatte im Vorfeld schon im Unterbezirk signalisiert, dass ich mich für ein anderes Amt als in der Kommunalpolitik interessiere. Ich habe schon immer überregional gearbeitet, weil ich lieber das Ganze als nur einen Teil überblicke. Deshalb wäre zum Beispiel ein Bürgermeisterposten für mich eher uninteressant.
Mit der Unterbezirksvorsitzenden Sabine Waschke habe ich Ende 2011 gesprochen. Da stand auch die Frage an, ob ich ins Europaparlament will.
Aufgrund meiner familiären Lage war das weniger interessant. Ich will heimatnah mit überregional verbinden. Als Bundestagsabgeordnete werde ich eine Woche in Berlin sein und dann wieder hier. Ich will im Wahlkreis sehen, wie das wächst, was ich in Berlin säe.
Welche Reaktionen haben Sie auf Ihre Kandidatur erhalten?
Es gab manche – aber wenige und hauptsächlich Männer -, die mich fragten, warum ich mir das antue. Ich hätte ja Familie. Ich habe dann zurückgefragt, ob sie diese Frage auch einem Mann stellen würden. Mein Mann steht 100-prozentig hinter mir. Viele Menschen haben mich aber bekräftigt, weil sie so wie ich Menschen mit Lebenserfahrung im Bundestag haben wollen.
Der Wahlkreis Fulda ist neu zugeschnitten worden. Der Bergwinkel gehört nicht mehr dazu. Ist das ein Vorteil oder ein Nachteil?
Beides. Auf der einen Seite ist ein großer Teil des Vogelsberges sehr sozialdemokratisch geprägt. Der Nachteil ist, dass ich mich nicht so gut in dieser Gegend auskenne – abgesehen von Freiensteinau. Der Altkreis Schlüchtern wäre eher ein Heimspiel. Das Einkaufen beim Langer war als Kind immer ein Erlebnis.
Werden Sie den Schwerpunkt Ihres Wahlkampfes auf den Vogelsberg legen?
Nein, die man muss mischen. Im Vogelsberg sind die Sozialdemokraten viel selbstbewusster und streitbarer als in Fulda. Das mag auch daran liegen, dass sie schon einige SPD-Landräte hatten. Ich finde aber, wir haben auch in Fulda und in der Rhön ganz viel Potenzial.
Sie waren neulich beim Ortsverein Freiensteinau zu Gast. Welchen Eindruck haben Sie mitgenommen?
Es sind sehr politische, streitbare und diskussionsfreudige Menschen. Wie für die SPD typisch reicht das Spektrum von ganz links bis in Richtung Mitte. Den Mandatsträgern wurden Fragen und Erwartungen mit auf den Weg gegeben – das motiviert.
Wie sind Sie dort aufgenommen worden?
Sehr herzlich. Wir haben viele gemeinsame Bekannte und Schnittpunkte. Das kommt auch durch das Kalibergwerk in Neuhof als einem der großen Arbeitgeber. Und mit den Kindern habe ich oft am Nieder-Mooser See – mein Lieblingssee – gezeltet. Ich kenne und schätze die Region.
Wo werden Sie die politischen Schwerpunkte im Wahlkampf setzen?
Ich komme aus dem Personalbereich. Deshalb sind Arbeit und die nötigen Veränderungen am Arbeitsmarkt besonders wichtig. Zum Beispiel wollen wir einen gesetzlichen Mindestlohn und keine halben Sachen, wie sie die CDU jetzt vorhat. Weitere Themen sind die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie gerechtere Steuern und Umverteilung.
Der Start von Kanzlerkandidat Steinbrück ist nicht gerade gelungen. Hätten Sie gerne einen anderen Kandidaten gehabt?
Nein, er ist auch mein Wunschkandidat. Mir war klar, dass er sich fängt. Ich sehe aber auch seinen Start nicht so kritisch. Endlich haben wir den immer geforderten Politiker mit Ecken und Kanten. Ich freue mich generell über Menschen, die eine klare Sprache sprechen. Die Wähler wissen bei ihm, was sie bekommen. Er spiegelt Echtheit wider.
Ihr Wahlkreis wurde noch nie von einem Sozialdemokraten gewonnen. Was wäre für Sie ein optimales Ergebnis?
Ich habe schon viel Zuspruch auch von CDU-Sympatisanten bekommen, und Fulda ist lange nicht so schwarz wie man immer glaubt. Zudem gibt es viele, die zuletzt nicht mehr wählen gegangen sind, weil immer die CDU den Wahlkreis holt. Die große Herausforderung für die SPD ist es, diese Leute zum Wählen zu bewegen.
Sie fischen also bei den Nicht-Wählern?
Absolut. Das ist ein Riesenpotenzial. Ich kann mir vorstellen, dass mich auch die eine oder andere CDU-Frau wählt, weil sie eine Frau wollen. Mein Vorteil gegenüber dem jetzigen Abgeordneten ist, dass ich katholisch bin und mich in der Kirche engagiere.
Können Sie den Wahlkreis gewinnen?
Ich denke, dass wir mit einem sehr guten Ergebnis abschneiden. Ob es aber für das Direktmandat reicht? Man soll immer nach den Sternen greifen, dann bekommt man einen oder zwei Zacken. Aber wenn Fulda einen SPD-Abgeordneten hat, dann haben wir in vier Jahren eine große Chance.
Weiß das auch Ihr Landesvorsitzender Thorsten Schäfer-Gümbel? Schlägt sich das durch eine Absicherung auf der Landesliste nieder?
Nicht auf jeden Fall. Wir haben für die Listenaufstellung klare Regeln. Es wird aber ein Platz sein, der ein gutes Potenzial birgt, in den Bundestag reinzukommen.
Bei wie viel Prozent muss die SPD dafür bei der Bundestagswahl landen?
Etwa 30 bis 31 Prozent sind nötig. Das ist zu schaffen. Die heiße Phase des Wahlkampfes fängt ja erst im Juli an.
Zur Person:
Birgit Kömpel (45) wuchs im heutigen Eichenzeller Ortsteil Büchenberg auf und lebt nach mehreren beruflich bedingten Umzügen – unter anderem von Frankfurt nach London und zurück über Frankfurt nach Büchenberg – mit ihrem Mann und den beiden 15 und 10 Jahre alten Kindern in ihrem Heimatort.
Nach der Mittleren Reife absolvierte sie die Höhere Handelsschule, lernte Bürofachfrau beim Fertighaushersteller Rensch-Haus in Uttrichshausen und ging dann in die Hotellerie. Dort übte sie verschiedene Managementpositionen im Personalbereich aus.
Mitte der 1990er Jahre machte sie sich als Personal- und Unternehmensberaterin selbstständig. „Ich sitze in Büchenberg, schaue auf die Wasserkuppe und telefoniere über Skype mit der halben Welt“, erläutert sie ihren Spagat zwischen Weltläufigkeit und Heimatverbundenheit.
Politisch tätig ist sie seit 2007. Damals rückte sie für die SPD in die Eichenzeller Gemeindevertretung nach und trat in die Partei ein. Inzwischen führt sie den Ortsverein Eichenzell und steht der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF) im Unterbezirk Fulda vor (jeweils seit 2011).
In ihrer Freizeit kümmert sie sich um den Garten – insbesondere ihre englischen Duftrosen – und verreist gerne mit der Familie, wobei es sie am liebsten nach Dänemark, Spanien und Irland zieht. Und dann sind da noch die zahlreichen Vereine, in denen sie sich engagiert. Dazu gehört der Karnevalsverein Büchenberg ebenso wie die Katholische Frauengemeinschaft oder der Chor Helianthus Büchenberg. „Das Singen ist reine Entspannung. Das ist Wellness für die Seele“, schwärmt Birgit Kömpel. / kw